fremde Gedichte

Sonntag, 1. Oktober 2006

erich fried nr. 26 - als kein Ausweg zu sehen war

Die umherirren
und sagen noch
daß sie wissen
das sie umherirren
und daß sie noch sagen wollen
was sie in ihrem Umherirren sehen
wenn sie
noch etwas sehen
die haben noch etwas zu sagen

Nämlich das sie nichts sehen
wenn sie nichts sehen
und das sie etwas sehen
wenn sie etwas sehen
und das sie umherirren
weil sie nicht wissen wo
oder ob überhaupt noch
ein Weg der kein Irrweg ist
ist

Und vielleicht ist dann ihr Umherirren gar kein so arges
Umherirren wie das derer die nicht sagen
daß sie wissen daß sie umherirren
und die nicht sagen wollen was sie dabei sehen
oder wenn sie nichts sehen nicht sagen wollen
daß sie nichts sehen
weil sie nicht sehen wollen
daß sie umherirren
und daß es vielleicht keinen Weg gibt

Erich Fried Nr. 25 - Gedichte lesen

Wer
von einem Gedicht
seine Rettung erwartet
der sollte lieber
lernen
Gedichte zu lesen

Wer
von einem Gedicht
keine Rettung erwartet
der sollte lieber
lernen
Gedichte zu lesen

Erich Fried Nr. 24 - Einerlei

„Nichts was nicht neu ist“
sagt ihr:
„Das Alte langweilt“

Nun gut:
Es wurde schon einmal
gelebt
Es wurde schon einmal
geliebt
Es wurde schon einmal
gerufen
zum Aufstand

Es wurde schon einmal
gebangt um ein krankes Kind
schon einmal ein Kampf
um das Recht und die Freiheit
verloren
Es wurde schon einmal
alt geworden
gestorben

Also lohnt es sich nicht mehr
für uns
zu leben zu lieben
uns aufzulehnen
zu hoffen
zu bangen
zu altern
zu sterben

Das alles ist nicht mehr neu
Das langweilt
euch Tote

Erich Fried Nr. 22 - Frau Welt

Ich bin
zur Welt
gekommen
und bin nun
endlich so weit

laut
zu fragen
wie ich
dazukomme
zu ihr zu kommen

Sie kommt
und sagt leise:
Du kommst nicht
du bist schon
im Gehen

Erich Fried Nr. 23 - Suchaktion

Zuletzt
sucht wieder
nur noch
die Lüge
die Wahrheit

geduldig
bei Tag
und bei Nacht
um sie
beiseite zu schaffen

Erich Fried Nr. 21 - Redefreiheit

„Ausreden
lassen!“
Was heißt das?
Wem
oder
wen?

Oder heißt es
einen
ausreden lassen
und ihm so
keine Ausreden lassen?

Erich Fried Nr. 20 - Enthüllung

Was sich
verkleidet
als Neugier
ist dann
nackt
nur
die alte Gier

Erich Fried Nr. 18 - Kein Unterschlupf

Nicht sich verstecken
vor den Dingen
der Zeit
in die Liebe

Aber auch nicht
vor der Liebe
in die Dinge
der Zeit

Erich Fried Nr. 19 - Fester Vorsatz

denn wir wollen uns
nicht nur herzen
sondern auch munden
und hauten und haaren
und armen und brüsten und bauchen
und geschlechten
und wieder handen und fußen

Erich Fried Nr. 17 - Kleine Frage

Glaubst du
du bist noch
zu klein
um große
Fragen zu stellen?

Dann kriegen
die Großen
dich klein
noch bevor du
groß genug bist

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